Veröffentlicht am März 15, 2024

Entgegen dem populären Hype ist die koreanische 10-Schritte-Routine für die typisch europäische Haut oft nicht nur unnötig, sondern potenziell schädlich.

  • Die europäische Hautbarriere reagiert oft empfindlicher auf die Produktüberlagerung („Layering“) als asiatische Hauttypen.
  • Lokale Faktoren in Deutschland, wie hartes Wasser und trockene Heizungsluft, erfordern eine angepasste, schützende statt einer überladenen Pflegeroutine.

Empfehlung: Reduzieren Sie Ihre Routine auf drei wissenschaftlich fundierte Kernschritte (Reinigung, Wirkstoff, Schutz) und passen Sie diese an Ihren individuellen Hautzustand an, statt blind einem Trend zu folgen.

In den sozialen Medien und Hochglanzmagazinen scheint es nur eine Antwort auf die Suche nach perfekter Haut zu geben: die koreanische 10-Schritte-Hautpflegeroutine. Eine schier endlose Abfolge von Reinigungsölen, Schäumen, Peelings, Tonern, Essenzen, Seren, Masken, Augencremes, Feuchtigkeitscremes und Sonnenschutz wird als heiliger Gral für einen makellosen Teint gepriesen. Viele Frauen investieren Zeit und Geld in der Hoffnung, das Geheimnis des „Glass Skin“-Looks zu entschlüsseln, nur um am Ende mit Irritationen, Unreinheiten oder einer schlichtweg überforderten Haut dazustehen.

Diese universelle Empfehlung ignoriert jedoch einen entscheidenden Faktor: die grundlegenden Unterschiede in Hautphysiologie und Umweltbedingungen. Aber was wäre, wenn der Schlüssel zu gesunder, strahlender Haut für die meisten Menschen in Deutschland nicht in der Maximierung, sondern in der strategischen Reduktion liegt? Wenn nicht die Anzahl der Produkte, sondern die Integrität der Hautbarriere im Vordergrund stehen sollte? Dieser Artikel bricht mit dem Mythos des „Mehr ist mehr“ und beleuchtet aus dermatologischer Sicht, was die europäische Haut wirklich braucht: eine fundierte, minimalistische Philosophie, die auf Wissenschaft statt auf Hype basiert.

Wir werden analysieren, warum das exzessive „Layering“ oft mehr schadet als nützt, welche Risiken eine „Überpflege“ birgt und wie Sie eine effektive, auf die lokalen Gegebenheiten in Deutschland zugeschnittene Routine aufbauen. Es ist Zeit, den Lärm auszublenden und zu den Prinzipien zurückzukehren, die wirklich einen Unterschied machen.

Warum funktioniert das „Layering“ nicht bei jeder europäischen Haut?

Die Faszination für das „Layering“, also das Schichten mehrerer Produkte, entspringt der Idee, die Haut mit einer maximalen Dosis an Wirkstoffen zu versorgen. Diese Annahme übersieht jedoch eine grundlegende dermatologische Wahrheit: Die Integrität der Hautbarriere ist entscheidender als die schiere Menge an aufgetragenen Substanzen. Die europäische Haut, oft dem kaukasischen Phototyp zugehörig, neigt tendenziell zu einer geringeren Widerstandsfähigkeit und einer höheren Empfindlichkeit gegenüber externen Reizen als viele asiatische Hauttypen.

Ein zentraler Messwert hierfür ist der transepidermale Wasserverlust (TEWL). Er beschreibt, wie viel Feuchtigkeit über die Haut verdunstet und ist ein Indikator für die Durchlässigkeit der Hautbarriere. Eine Übersichtsstudie der Charité Berlin zeigt, wie stark diese Werte selbst bei gesunder Haut variieren: Der niedrigste Wert lag bei 2,3 g/m²/h, während der höchste TEWL-Wert von 44,0 g/m²/h in der Achselhöhle ermittelt wurde. Eine durch zu viele Produkte oder aggressive Inhaltsstoffe gestörte Barriere verliert mehr Wasser, wird trocken und anfällig für Entzündungen.

Hinzu kommen lokale Stressfaktoren in Deutschland. In vielen Großstädten wie Berlin (bis zu 23,9 °dH) oder München (bis zu 19 °dH) ist das Leitungswasser sehr hart. Die darin gelösten Mineralien können die Haut zusätzlich austrocknen und die Barrierefunktion schwächen. Kombiniert man dies mit trockener Heizungsluft im Winter, entsteht ein Umfeld, in dem eine überladene Routine mit potenziell reizenden Duft-, Farb- und Konservierungsstoffen die Hautbarriere eher bricht, anstatt sie zu stärken. Eine minimalistische Routine, die sich auf den Schutz und die Wiederherstellung der Lipidschicht konzentriert, ist daher oft der wissenschaftlich fundiertere Ansatz.

Wie schichten Sie Seren und Cremes von dünn nach dick richtig?

Auch wenn eine 10-Schritte-Routine übertrieben sein mag, bleibt das Grundprinzip des Schichtens in einer minimalistischen Routine relevant – wenn es korrekt ausgeführt wird. Die Faustregel „von der dünnsten zur dicksten Textur“ hat einen einfachen physikalischen Grund: Wasserbasierte, leichte Produkte können dicke, ölige oder okklusive Schichten nicht durchdringen. Umgekehrt kann eine reichhaltige Creme die Feuchtigkeit eines darunter liegenden Serums effektiv in der Haut versiegeln.

Eine sinnvolle, reduzierte Reihenfolge für den Abend könnte so aussehen:

  1. Reinigung: Ein milder, pH-neutraler Reiniger entfernt Schmutz und Make-up, ohne die Hautbarriere anzugreifen.
  2. Wirkstoff-Serum (wässrig): Dies ist der Moment für leichte, wasserlösliche Wirkstoffe wie Hyaluronsäure, Niacinamid oder Vitamin-C-Seren. Ihre kleinen Moleküle können tief in die gereinigte Haut eindringen.
  3. Feuchtigkeitscreme (lipidisch/okklusiv): Eine auf den Hauttyp abgestimmte Creme bildet den Abschluss. Sie versorgt die Haut mit Lipiden, reduziert den transepidermalen Wasserverlust (TEWL) und schließt die Wirkstoffe des Serums ein.

Die Visualisierung der unterschiedlichen Konsistenzen hilft, das Prinzip zu verinnerlichen. Leichte Seren sind flüssig, während reichhaltige Cremes eine dichte Struktur aufweisen, die als Schutzschild dient.

Detaillierte Makroaufnahme verschiedener Texturen von Hautpflegeprodukten in aufsteigender Konsistenz

Bei sehr empfindlicher Haut, die zu Rötungen neigt, ist die Auswahl der Wirkstoffe noch entscheidender. Hier sind sanfte Alternativen gefragt. Wie Dr. Sören Korsing, Facharzt an der Klinik für Dermatologie der Berliner Charité, anmerkt:

Bei sehr empfindlicher Haut sind Polyhydroxysäuren eine Option.

– Dr. Sören Korsing, Facharzt an der Klinik für Dermatologie der Berliner Charité

Diese sanfteren Säuren exfolieren, ohne die Haut so stark zu reizen wie beispielsweise Glykolsäure, und fügen sich gut in eine minimalistische Layering-Strategie ein.

Öl oder Wasser: Welche Basis passt besser unter Ihr Make-up?

Die Wahl der richtigen Pflegebasis unter dem Make-up entscheidet nicht nur über dessen Haltbarkeit, sondern auch über das Wohlbefinden der Haut über den Tag. Die Entscheidung zwischen einer öl- und einer wasserbasierten Feuchtigkeitspflege ist keine Frage der allgemeinen Vorliebe, sondern sollte direkt vom individuellen Hauttyp und dessen Bedürfnissen abgeleitet werden.

Eine wasserbasierte Pflege (oft als Gel oder Fluid formuliert) ist ideal für fettige und zu Unreinheiten neigende Haut. Sie spendet Feuchtigkeit, ohne die Poren mit schweren Lipiden zu belasten, zieht schnell ein und schafft eine glatte, nicht fettende Grundlage. Dies verhindert, dass das Make-up im Laufe des Tages „wegrutscht“ oder sich in den Poren absetzt. Für empfindliche Haut sind silikonfreie Wasserbasis-Produkte oft die beste Wahl, da sie das Irritationspotenzial minimieren.

Im Gegensatz dazu profitiert trockene Haut, der es an Lipiden mangelt, von einer ölbasierten Creme. Sie bildet einen schützenden Film, der die Feuchtigkeit in der Haut versiegelt und den transepidermalen Wasserverlust (TEWL) verhindert. Dies sorgt für ein pralles Hautgefühl und verhindert, dass das Make-up trockene Stellen betont oder sich in feinen Linien absetzt. Bei Mischhaut kann eine Hybrid-Formulierung oder das gezielte Anwenden verschiedener Texturen (leichteres Fluid auf der T-Zone, reichhaltigere Creme auf den Wangen) die Lösung sein.

Die folgende Tabelle fasst die Empfehlungen zusammen, um die Auswahl der optimalen Make-up-Unterlage zu erleichtern.

Vergleich: Öl- vs. Wasserbasis für verschiedene Hauttypen
Hauttyp Empfohlene Basis Grund
Trockene Haut Ölbasis Versiegelt Feuchtigkeit, verhindert TEWL
Fettige Haut Wasserbasis Leichte Textur, verstopft Poren nicht
Mischhaut Hybrid-Formulierung Ausgleich zwischen T-Zone und Wangen
Empfindliche Haut Wasserbasis (silikonfrei) Minimiert Irritationspotential

Unabhängig von der Basis ist ein ausreichender Sonnenschutz der wichtigste Schritt jeder Morgenroutine. Viele moderne Produkte, seien es CC-Creams oder Tagescremes, integrieren bereits einen Lichtschutzfaktor und kombinieren so Pflege, Schutz und Teint-Korrektur in einem minimalistischen Schritt.

Das Risiko der perioralen Dermatitis: Wann pflegen Sie Ihre Haut krank?

Der Drang, der Haut „etwas Gutes zu tun“, kann paradoxerweise ins Gegenteil umschlagen. Die periorale Dermatitis, auch „Stewardessen-Krankheit“ genannt, ist das klinische Paradebeispiel für eine durch Überpflegung (Over-caring) ausgelöste Hauterkrankung. Sie äußert sich durch hartnäckige, entzündliche Papeln und Pusteln, typischerweise um den Mund herum, kann aber auch die Nasolabialfalten und die Augenpartie betreffen. Der entscheidende Punkt: Sie ist oft die direkte Folge einer zu reichhaltigen und überladenen Pflegeroutine, die die natürliche Hautbarriere und das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht bringt.

Das Problem ist in Deutschland keineswegs eine Seltenheit. Eine dermatologische Praxisstudie zeigt, dass die Krankheit bei ca. 6 % der Frauen auftritt, während Männer kaum betroffen sind. Dies spiegelt wider, wer die Hauptzielgruppe der Kosmetikindustrie ist. Es ist ein alarmierendes Zeichen dafür, dass gut gemeinte Pflege schädlich sein kann. Diese Erkenntnis wird dadurch untermauert, dass laut Experten bis zu 60 % aller Hautprobleme durch die Verwendung zu vieler Hautpflegeprodukte verschlimmert werden.

Die symbolische Darstellung des Heilungsprozesses – von einem chaotischen Überfluss an Produkten hin zur reinen Einfachheit – verdeutlicht die effektivste Therapie.

Symbolische Darstellung des Heilungsprozesses bei perioraler Dermatitis durch Reduktion

Die Behandlung besteht oft in einer radikalen „Nulldiät“: dem vollständigen Verzicht auf alle Kosmetika, bis sich die Haut von selbst regeneriert hat. Nicole Schuster fasst dies in der Pharmazeutischen Zeitung prägnant zusammen: „Arzneistoffe helfen häufig nichts, am effektivsten ist der Verzicht auf übliche Pflegeprodukte.“ Dies ist der ultimative Beweis dafür, dass die Haut oft am besten heilt, wenn man sie in Ruhe lässt. Es ist eine wichtige Lektion in Demut gegenüber der komplexen Biologie unserer Haut.

Ihr Audit-Plan gegen Überpflege: Finden Sie die Balance

  1. Inventur der Kontaktpunkte: Listen Sie absolut jedes Produkt auf, das mit Ihrer Gesichtshaut in Berührung kommt – von der Reinigung über Seren bis hin zu Make-up und Reinigungstüchern.
  2. Wirkstoff-Sammlung: Notieren Sie die Hauptwirkstoffe Ihrer Top 5 Produkte. Suchen Sie nach Überschneidungen (z.B. Hyaluronsäure in drei Produkten) oder potenziell reizenden Kombinationen (z.B. mehrere Säuren).
  3. Abgleich mit den Hautbedürfnissen: Konfrontieren Sie jedes Produkt mit der Frage: „Löst dieses Produkt ein echtes Problem meiner Haut (Trockenheit, Unreinheiten) oder benutze ich es aus Gewohnheit/Trend?“
  4. Analyse der Textur und Okklusion: Identifizieren Sie schwere, filmbildende Produkte (oft mit Paraffinen, Silikonen). Verwenden Sie mehr als eine okklusive Schicht? Dies kann ein Indikator für Überpflege sein.
  5. Plan zur Reduktion: Beginnen Sie damit, für eine Woche alle Produkte bis auf eine sanfte Reinigung und eine leichte Feuchtigkeitspflege wegzulassen. Führen Sie danach gezielt nur die Produkte wieder ein, die einen nachweisbaren Nutzen bringen.

Wann sollten Sie Retinol nutzen und wann Vitamin C?

Retinol und Vitamin C sind zwei der am besten erforschten und wirksamsten Wirkstoffe in der Dermatologie. Sie sind jedoch keine Allrounder, die man beliebig kombinieren sollte. Ihre optimale Nutzung hängt stark von der Tages- und Jahreszeit ab. Eine intelligente, saisonale Anwendungsstrategie, angepasst an die deutschen Klimabedingungen, maximiert ihre Wirkung und minimiert gleichzeitig das Risiko von Irritationen.

Vitamin C (L-Ascorbinsäure) ist ein potentes Antioxidans. Seine Hauptaufgabe ist es, die Haut vor freien Radikalen zu schützen, die durch UV-Strahlung und Umweltverschmutzung entstehen. Daher ist der ideale Anwendungszeitpunkt morgens, unter dem Sonnenschutz. Es wirkt wie ein zusätzlicher Schutzschild und kann die Wirksamkeit der Sonnencreme sogar erhöhen. Im Sommer, wenn die UV-Belastung am höchsten ist, ist ein Vitamin-C-Serum ein unverzichtbarer Bestandteil der Morgenroutine.

Retinol (eine Form von Vitamin A) ist der Goldstandard für die Zellerneuerung und Kollagenstimulation. Es beschleunigt den Hauterneuerungsprozess, was die Haut jedoch lichtempfindlicher macht. Daher sollte Retinol ausschließlich abends angewendet werden. Die idealen Monate für eine Retinol-Kur in Deutschland sind die dunkleren, sonnenärmeren Monate von Oktober bis März. In dieser Zeit ist die Gefahr von Pigmentverschiebungen durch Sonneneinstrahlung geringer. Im Sommer sollte man die Anwendung pausieren oder auf eine sehr niedrige Konzentration reduzieren und auf einen extrem konsequenten Sonnenschutz achten.

Die Übergangszeiten im Frühling und Herbst eignen sich perfekt, um die Routine sanft umzustellen: im Frühling das Retinol ausschleichen und das Vitamin C wieder einführen, im Herbst umgekehrt. Diese klima-adaptive Strategie respektiert die Bedürfnisse der Haut und nutzt die Kraft der Wirkstoffe genau dann, wenn sie am sinnvollsten ist, statt die Hautbarriere unnötig zu belasten.

Warum altert Bildschirmlicht (HEV) Ihre Haut im Home-Office?

Während die schädlichen Auswirkungen von UV-A- und UV-B-Strahlen weithin bekannt sind, rückt ein neuer Faktor in den Fokus der Dermatologie, insbesondere seit der Zunahme von Home-Office und digitaler Arbeit: hochenergetisches sichtbares Licht, auch HEV-Licht oder Blaulicht genannt. Dieses Licht wird von den Bildschirmen unserer Laptops, Smartphones und Tablets emittiert und wir sind ihm täglich viele Stunden ausgesetzt.

Im Gegensatz zu UV-Strahlen, die einen Sonnenbrand verursachen, wirkt HEV-Licht subtiler, aber nicht weniger schädlich. Wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass es tief in die Hautschichten eindringen und dort oxidativen Stress verursachen kann. Dieser Prozess führt zur Bildung von freien Radikalen, instabilen Molekülen, die zelluläre Strukturen wie Kollagen und Elastin angreifen. Die Folge ist eine Beschleunigung der Hautalterung, die sich in Form von feinen Linien, Falten und einem Verlust der Hautelastizität zeigt.

Darüber hinaus kann HEV-Licht die Entstehung von Hyperpigmentierung, also dunklen Flecken, fördern, insbesondere bei dunkleren Hauttypen. Es stört den natürlichen zirkadianen Rhythmus der Hautzellen und kann ihre Regenerationsfähigkeit während der Nacht beeinträchtigen. Während traditionelle Sonnenschutzmittel primär auf UV-Schutz ausgelegt sind, bieten sie oft keinen ausreichenden Schutz vor HEV-Licht.

Der wirksamste Schutz im Home-Office ist daher eine Kombination aus präventiven Maßnahmen. Dazu gehört die Verwendung von Hautpflegeprodukten, die reich an Antioxidantien wie Vitamin C und E sind, um die freien Radikale zu neutralisieren. Zudem gibt es mittlerweile spezielle mineralische Sonnenschutzfilter (wie Zinkoxid oder Eisenoxide), die nachweislich auch einen Teil des blauen Lichts blockieren. Eine bewusste Reduzierung der Bildschirmzeit und die Aktivierung des Nachtmodus auf Geräten können ebenfalls dazu beitragen, die Belastung zu verringern.

Warum Polyester im Büro Sie schneller schwitzen lässt als Baumwolle?

Die Wahl der Kleidung hat einen direkten Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Haut, eine Tatsache, die im klimatisierten Büroalltag oft übersehen wird. Der Unterschied zwischen dem Tragegefühl von Baumwolle und Polyester ist nicht nur Einbildung, sondern basiert auf den fundamentalen physikalischen Eigenschaften der Fasern und deren Interaktion mit der Hautfeuchtigkeit.

Baumwolle ist eine Naturfaser mit hydrophilen (wasserliebenden) Eigenschaften. Das bedeutet, sie kann Feuchtigkeit – also Schweiß – von der Haut aufnehmen und in der Faser speichern. Sie kann bis zu 20 % ihres Eigengewichts an Wasser aufnehmen, bevor sie sich nass anfühlt. Dies ermöglicht eine effektive Atmungsaktivität: Die Haut kann atmen, der Schweiß wird von der Oberfläche weggeleitet und kann langsam verdunsten. Dies schafft ein trockenes und angenehmes Mikroklima auf der Haut.

Polyester hingegen ist eine synthetische Faser und hydrophob (wasserabweisend). Sie nimmt kaum Feuchtigkeit auf (weniger als 1 % ihres Gewichts). Anstatt den Schweiß zu absorbieren, schließt sie ihn zwischen der Haut und dem Gewebe ein. Diese feuchte, warme Umgebung ist ein idealer Nährboden für Bakterien, die den Schweiß zersetzen und so den typischen Schweißgeruch verursachen. Der Mangel an Atmungsaktivität führt zu einem Hitzestau, der Körper reagiert mit noch mehr Schweißproduktion – ein Teufelskreis entsteht.

Für Menschen mit empfindlicher Haut oder Neigung zu Hautirritationen ist die Wahl von Naturfasern wie Baumwolle, Leinen oder Merinowolle daher immer vorzuziehen. Während moderne Funktionsfasern wie Tencel oder Modal, die aus natürlichen Rohstoffen wie Holz hergestellt werden, eine hautverträglichere Alternative zu Polyester darstellen können, bleibt klassische Baumwolle für den Büroalltag oft die beste Wahl für ein gesundes Hautklima.

Das Wichtigste in Kürze

  • Hautbarriere zuerst: Der Schutz und die Stärkung der hauteigenen Lipidschicht ist wichtiger als die Anzahl der aufgetragenen Produkte.
  • Weniger ist Wissenschaft: Eine minimalistische Routine aus Reinigung, einem gezielten Wirkstoff und Schutz (Feuchtigkeit/LSF) ist für die meisten europäischen Hauttypen effektiver und sicherer.
  • Kontext ist alles: Passen Sie Ihre Pflege an lokale Faktoren wie Klima und Wasserhärte an, anstatt globalen Trends blind zu folgen.

Trocken oder dehydriert: Kennen Sie den entscheidenden Unterschied?

Einer der häufigsten Fehler in der Hautpflege ist die Verwechslung von trockener und dehydrierter Haut. Obwohl sich beide Zustände durch ein Spannungsgefühl äußern können, haben sie völlig unterschiedliche Ursachen und erfordern grundlegend andere Behandlungsansätze. Eine falsche Diagnose führt unweigerlich zu einer ineffektiven Pflegeroutine. Die richtige Unterscheidung ist daher der erste und wichtigste Schritt zu einer gesunden Haut.

Trockene Haut ist ein Hauttyp, dem es genetisch bedingt an Lipiden (Fett) mangelt. Die Talgproduktion ist vermindert, was zu einer geschwächten Hautbarriere führt. Die Haut fühlt sich rau und schuppig an und neigt zu Rissen. Sie benötigt reichhaltige, lipidspendende Inhaltsstoffe wie Ceramide, Sheabutter oder Urea, um die fehlenden Fette zu ersetzen und die Barriere zu reparieren.

Dehydrierte Haut ist hingegen ein vorübergehender Hautzustand, bei dem es der Haut an Wasser (Feuchtigkeit) mangelt. Dieser Zustand kann jeden Hauttyp betreffen – auch fettige Haut! Ursachen können äußere Faktoren wie trockene Luft, übermäßige Sonneneinstrahlung oder die Verwendung austrocknender Produkte sein. Die Haut wirkt fahl, zeigt feine Trockenheitsfältchen und fühlt sich gespannt an. Sie benötigt feuchtigkeitsbindende Inhaltsstoffe (Humectants) wie Hyaluronsäure, Glycerin oder Panthenol, die Wasser in der Haut anziehen und speichern.

Ein einfacher Kneiftest kann einen Hinweis geben: Kneifen Sie sanft eine kleine Hautpartie an der Wange. Bilden sich dabei viele feine, kreppartige Linien, ist dies ein Zeichen für Dehydration. Der folgende Vergleich fasst die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zusammen.

Diese Unterscheidung ist fundamental für eine wirksame Pflege. Eine dehydrierte Haut mit einer schweren Ölcreme zu behandeln, kann zu Unreinheiten führen, während eine trockene Haut von einem leichten Hyaluronserum allein nicht ausreichend versorgt wird. Erst die richtige Diagnose ermöglicht eine gezielte und minimalistische Produktwahl.

Trockene vs. Dehydrierte Haut – Erkennungsmerkmale
Merkmal Trockene Haut Dehydrierte Haut
Ursache Lipidmangel Wassermangel
Symptome Schuppig, rau Fahl, gespannt
Test Bleibt nach Reinigung schuppig Kneiftest zeigt feine Linien
Behandlung Ceramide, Urea Hyaluronsäure, Glycerin

Die richtige Analyse Ihres Hautzustands ist die Grundlage jeder effektiven Pflege. Es ist entscheidend, den Unterschied zwischen trocken und dehydriert zu verstehen, um die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihre Produkte im Badezimmerschrank zu analysieren. Fragen Sie sich bei jedem einzelnen: Dient es einem echten Bedürfnis meiner Haut oder nur einem Trend? Die Antwort ist der erste Schritt zu einer Haut, die nicht nur gut aussieht, sondern sich auch wirklich gesund anfühlt.

Häufige Fragen zu Hautpflege und Wohlbefinden

Welche Fasern sind am hautfreundlichsten?

Naturfasern wie Baumwolle, Leinen und Merinowolle lassen die Haut atmen und nehmen Feuchtigkeit auf. Sie sind synthetischen Fasern in der Regel vorzuziehen, besonders bei empfindlicher Haut.

Warum verstärkt Polyester Schweißgeruch?

Synthetische Fasern wie Polyester sind nicht atmungsaktiv und schließen Feuchtigkeit auf der Haut ein. Dieses feucht-warme Milieu fördert das Wachstum von geruchsbildenden Bakterien.

Gibt es hautfreundliche Kunstfasern?

Ja, moderne Funktionsfasern wie Tencel (Lyocell) oder Modal, die aus natürlichen Rohstoffen wie Holz gewonnen werden, sind deutlich atmungsaktiver und hautfreundlicher als klassisches Polyester auf Erdölbasis.

Geschrieben von Lukas Weber, Goldschmiedemeister und Gemmologe mit über 25 Jahren Erfahrung in der Verarbeitung von Edelmetallen und Edelsteinen in Idar-Oberstein. Spezialisiert auf die Bewertung von Diamanten, Materialkunde und die Restauration von antikem Schmuck.