Veröffentlicht am März 12, 2024

Entgegen der landläufigen Meinung ist Hyaluronsäure kein Feuchtigkeitsspender, sondern ein Feuchtigkeitsmagnet, der bei falscher Anwendung die Haut austrocknen kann.

  • In trockener Umgebung (z. B. bei Heizungsluft) entzieht sie Wasser aus tieferen Hautschichten, wenn keine externe Feuchtigkeit vorhanden ist.
  • Eine abschließende fettbasierte Versiegelung (Okklusion) ist entscheidend, um die gebundene Feuchtigkeit in der Haut zu halten.

Empfehlung: Wenden Sie Hyaluronseren immer auf feuchter Haut an und versiegeln Sie diese anschließend sofort mit einer Creme, um den transepidermalen Wasserverlust zu verhindern.

Hyaluronsäure wird als heiliger Gral der Haut-Hydratisierung gefeiert. In unzähligen Seren, Cremes und Masken verspricht sie pralle, durchfeuchtete Haut. Doch was, wenn genau dieser gefeierte Wirkstoff das Gegenteil bewirkt und Ihre Haut trockener macht als zuvor? Dieses Phänomen ist keine Seltenheit und basiert auf einem grundlegenden Missverständnis der Funktionsweise dieses Moleküls. Viele Anwenderinnen, die mit den besten Absichten zu einem teuren Serum greifen, erleben unerklärliche Trockenheit, Spannungsgefühle oder sogar Schuppenbildung, besonders in den kalten Monaten.

Der Fehler liegt nicht im Wirkstoff selbst, sondern in seiner Anwendung, die oft den Gesetzen der Physik trotzt. Die gängige Annahme ist, Hyaluronsäure „ist“ Feuchtigkeit. In Wahrheit „zieht sie Feuchtigkeit an“. Es handelt sich um einen potenten Humectant – einen Wasser-Magneten. Dieser physikalische Mechanismus ist der Schlüssel: Ohne ausreichend Wasser in der Umgebungsluft, wie es in deutschen, überheizten Wohnungen im Winter der Fall ist, bedient sich die Hyaluronsäure an der nächstgelegenen Wasserquelle: den tieferen Schichten Ihrer eigenen Haut. Dieser osmotische Effekt führt zu einem paradoxen Ergebnis – die Haut trocknet von innen aus.

Dieser Artikel bricht mit den oberflächlichen Anwendungstipps. Stattdessen tauchen wir in die wissenschaftlichen Grundlagen ein, um Ihnen ein fundiertes Verständnis zu vermitteln. Wir erklären, warum die Molekülgröße entscheidend ist, wie Sie Feuchtigkeitssprays strategisch einsetzen und warum eine fehlende Fettversiegelung bei Minusgraden der Kardinalfehler ist. Ziel ist es, Sie zu befähigen, Hyaluronsäure nicht nur richtig, sondern optimal anzuwenden und ihr volles Potenzial für eine nachhaltig hydratisierte Haut zu entfalten.

Um diese Prinzipien zu meistern, werden wir die folgenden entscheidenden Aspekte der Hautpflege mit Hyaluronsäure Schritt für Schritt durchgehen und die häufigsten Anwendungsfehler korrigieren.

Inhaltsverzeichnis: Hyaluronsäure richtig anwenden und Hautaustrocknung vermeiden

Warum dringt niedermolekulare Hyaluronsäure tiefer ein als hochmolekulare?

Die Unterscheidung zwischen hoch- und niedermolekularer Hyaluronsäure ist keine Marketing-Erfindung, sondern reine Physik und Chemie. Die Wirktiefe eines Moleküls in der Haut hängt direkt von seiner Größe ab, gemessen in Dalton (Da), der atomaren Masseneinheit. Hochmolekulare Hyaluronsäure besitzt eine große Molekülmasse (oft über 1.500 kDa) und ist physisch zu groß, um die dichte Barriere der obersten Hautschicht (Stratum corneum) zu durchdringen. Sie verbleibt auf der Oberfläche, bildet dort einen feuchtigkeitsbindenden Film und spendet sofortige, aber kurzlebige Glätte. Ihr primärer Effekt ist die Reduzierung des transepidermalen Wasserverlusts von außen.

Niedermolekulare oder oligo-Hyaluronsäure hingegen hat eine sehr geringe Molekülgröße (oft unter 50 kDa). Diese winzigen Fragmente können zwischen den Hautzellen hindurchschlüpfen und bis in die tieferen Schichten der Epidermis vordringen. Dort binden sie Feuchtigkeit direkt im Gewebe und sorgen für eine nachhaltigere, tiefere Hydratation und können die hauteigene Hyaluronsäure-Produktion anregen. Die beeindruckende Fähigkeit der Hyaluronsäure, Wasser zu binden – wobei laut wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wasserbindungskapazität ein Gramm Hyaluronsäure bis zu 6 Liter Wasser binden kann – wird so in unterschiedlichen Hauttiefen wirksam.

Moderne Formulierungen setzen daher auf einen Multi-Molekül-Komplex, der verschiedene Größen kombiniert. Während die großen Moleküle an der Oberfläche schützen, arbeiten die kleinen in der Tiefe. Dies bietet den umfassendsten Hydratationseffekt. Ein Blick auf die INCI-Liste (Inhaltsstoffe) verrät, welche Arten enthalten sind und ob ein Produkt sein Versprechen einer tiefenwirksamen Pflege halten kann.

Ihr Aktionsplan: INCI-Check für Hyaluronsäure-Arten

  1. Kontaktpunkte identifizieren: Suchen Sie die INCI-Liste auf der Produktrückseite – meist kleingedruckt unter „Ingredients“. Dies ist der einzige Ort, an dem die wahren Inhaltsstoffe deklariert sind.
  2. Bestehendes inventarisieren: Suchen Sie nach „Sodium Hyaluronate“ (hochmolekular) und „Hydrolyzed Hyaluronic Acid“ oder „Hydrolyzed Sodium Hyaluronate“ (niedermolekular). Notieren Sie, welche Formen Sie finden.
  3. Kohärenz prüfen: Vergleichen Sie die gefundenen Inhaltsstoffe mit dem Produktversprechen. Verspricht es Tiefenwirkung, sollte eine niedermolekulare Form weit oben auf der Liste stehen.
  4. Einzigartigkeit bewerten: Achten Sie auf spezielle Formen wie „Sodium Acetylated Hyaluronate“ (sogenannte Super-Hyaluronsäure mit noch kleineren Molekülen). Je mehr verschiedene Formen gelistet sind, desto besser die Multi-Molekül-Formel.
  5. Integrationsplan erstellen: Entscheiden Sie, ob Ihr aktuelles Produkt Ihren Bedürfnissen entspricht oder ob Sie es durch ein Produkt mit einem besseren Molekül-Mix ersetzen sollten, um sowohl Oberflächen- als auch Tiefenhydration zu erzielen.

Wie maximieren Sie den Effekt von Feuchtigkeitssprays?

Ein Feuchtigkeitsspray, oft als Thermalwasserspray oder Face Mist bezeichnet, ist weit mehr als nur eine erfrischende Geste. In der Anwendung von Hyaluronsäure ist es ein strategisches Werkzeug, um den entscheidenden Fehler zu vermeiden: das Austrocknen der Haut. Wie bereits erläutert, benötigt Hyaluronsäure Wasser, um zu wirken. Wird ein Serum auf trockene Haut in einer trockenen Umgebung aufgetragen, zieht es Wasser aus der Haut selbst. Ein Feuchtigkeitsspray liefert dieses benötigte Wasser von außen und gibt der Hyaluronsäure etwas zum „Trinken“, ohne die hauteigenen Reserven anzugreifen.

Die effektivste Methode, diesen Effekt zu nutzen, ist die sogenannte „Sandwich-Methode“. Hierbei wird die Hautpflege in Schichten aufgebaut, um die Feuchtigkeit optimal einzuschließen. Der Prozess beginnt direkt nach der Reinigung auf der noch leicht feuchten Haut, was bereits eine erste Wasserbasis schafft. Dann wird das Hyaluronserum aufgetragen und sofort mit einem weiteren Sprühstoß des Feuchtigkeitssprays „versiegelt“. Dieser Schritt ist entscheidend: Er umgibt die Hyaluronsäure-Moleküle mit einer feuchten Aura und maximiert ihre Fähigkeit, Wasser zu binden.

Dieses Vorgehen bereitet die Haut optimal auf den letzten, unverzichtbaren Schritt vor: die Okklusion. Ohne eine abschließende Creme würde die gesamte aufgetragene Feuchtigkeit – sowohl aus dem Spray als auch die von der Hyaluronsäure gebundene – einfach an die Umgebungsluft verdunsten. Der Spray maximiert also nicht nur die Hydratation, sondern dient als Brücke zur finalen Versiegelung, die den gesamten Feuchtigkeits-Cocktail in der Haut einschließt.

Schichtweise Anwendung von Thermalwasserspray und Hyaluronserum

Wie dieses schichtweise Vorgehen zeigt, wird das Hyaluronserum buchstäblich zwischen zwei Feuchtigkeitsschichten „gesandwicht“, bevor der schützende Mantel der Creme folgt. Dieser Prozess stellt sicher, dass die Haut prall und durchfeuchtet wird, anstatt paradoxerweise auszutrocknen. Die Wahl des Sprays kann von einfachem Thermalwasser bis hin zu Produkten mit zusätzlichen beruhigenden oder antioxidativen Inhaltsstoffen reichen.

Serum oder Essenz: Brauchen Sie wirklich beides für pralle Haut?

Die Begriffe „Essenz“ und „Serum“ sorgen oft für Verwirrung, da ihre Definitionen je nach Herkunftsmarkt – asiatisch oder westlich – variieren. Traditionell, aus der koreanischen Hautpflege stammend, ist eine Essenz leichter, wässriger und dient der grundlegenden Hydratation sowie der Vorbereitung der Haut auf nachfolgende, konzentriertere Produkte. Ein Serum ist typischerweise dickflüssiger und enthält eine hohe Konzentration an Wirkstoffen, die auf spezifische Probleme wie Falten, Pigmentflecken oder Unreinheiten abzielen.

In Europa und Deutschland verschwimmen diese Grenzen jedoch zusehends. Wie auch deutsche Kosmetikexperten in einer Hautpflege-Fachanalyse 2024 betonen:

In Europa werden ‚Essenz‘ und ‚Serum‘ oft synonym verwendet und die Konsistenz oder der Name ist weniger wichtig als die INCI-Liste.

– Deutsche Kosmetikexperten, Hautpflege-Fachanalyse 2024

Die Entscheidung, ob Sie eines, beides oder keines davon benötigen, hängt daher nicht vom Namen ab, sondern von Ihrem Hauttyp, Ihren Hautzielen und der Formulierung der Produkte. Für sehr trockene Haut kann die Schichtung einer leichten, wässrigen Essenz unter einem reichhaltigeren Hyaluronserum einen deutlichen Mehrwert bieten (Layering). Für ölige Haut hingegen kann bereits eine leichte Essenz ausreichend sein, während ein zusätzliches Serum die Haut überladen könnte. Entscheidend ist, was in der Flasche ist: Ein „Hyaluron-Serum“, das sehr wässrig ist, könnte funktionell eine Essenz sein, und umgekehrt.

Die folgende Tabelle dient als Entscheidungshilfe, basierend auf den funktionalen Eigenschaften (leichte Hydration vs. konzentrierte Wirkstoffpflege) und nicht auf der reinen Produktbezeichnung. Beurteilen Sie Ihre Produkte nach ihrer Textur und Konzentration, um die richtige Wahl für Ihren Hauttyp zu treffen.

Entscheidungshilfe: Serum vs. Essenz nach Hauttyp
Hauttyp Nur Essenz Nur Serum Beide Produkte
Ölige Haut ✓ Ideal – leichte Textur ausreichend Möglich bei öl-freien Formeln Meist zu viel
Trockene Haut Nicht ausreichend Besser, aber oft nicht genug ✓ Optimal für maximale Feuchtigkeit
Mischhaut T-Zone: Ja Wangen: Ja ✓ Gezielt auf verschiedene Zonen
Normale Haut Im Sommer ausreichend ✓ Gute Basis-Pflege Im Winter empfehlenswert

Der Fehler, Feuchtigkeit ohne Fettversiegelung bei Minusgraden zu nutzen

Der größte Anwendungsfehler bei Hyaluronsäure tritt im Winter auf. Bei Minusgraden draußen und trockener Heizungsluft drinnen entsteht ein fatales Umfeld für rein feuchtigkeitsspendende Produkte. Die relative Luftfeuchtigkeit in beheizten Räumen kann leicht unter 30 % fallen. Unter diesen Bedingungen kehrt sich der Effekt von Hyaluronsäure um: Statt Feuchtigkeit aus der Luft zu ziehen, entzieht sie diese unweigerlich den tieferen Hautschichten, um ein Gleichgewicht herzustellen. Dieser Prozess beschleunigt den transepidermalen Wasserverlust (TEWL) erheblich. Messungen zur Hautfeuchtigkeit im Winter zeigen, dass bei Heizungsluft unter 30 % Luftfeuchtigkeit der Wasserverlust der Haut um bis zu 25 % steigt.

Ein reines Hyaluronserum auf die Haut aufzutragen und dann ohne Schutz in die Kälte oder einen beheizten Raum zu gehen, ist, als würde man ein nasses Handtuch in den Wind hängen – die Verdunstung ist vorprogrammiert und entzieht dem System Wärme und Feuchtigkeit. Die Lösung ist eine physikalische Barriere, eine okklusive Schicht, die die aufgetragene Feuchtigkeit versiegelt. Im Winter reicht eine leichte Lotion oft nicht aus. Hier sind reichhaltigere Cremes mit Lipiden wie Ceramiden, Sheabutter oder Squalan erforderlich.

Eine besonders effektive und in Deutschland bewährte Lösung sind sogenannte Wind- und Wettercremes. Ursprünglich für empfindliche Babyhaut entwickelt, erleben diese Produkte eine Renaissance in der Erwachsenenpflege. Marken wie Weleda oder Bübchen bieten Formulierungen mit einem hohen Anteil an Lanolin (Wollwachs) und Bienenwachs, die eine robuste, aber atmungsaktive Schutzschicht bilden. Diese Cremes schützen nicht nur vor Feuchtigkeitsverlust, sondern auch vor den aggressiven Einflüssen von kaltem Wind, der die Hautbarriere zusätzlich schwächt. Für Erwachsene stellen sie eine exzellente Alternative zur reinen Vaseline dar, da sie oft zusätzlich pflegende Pflanzenextrakte enthalten.

Wann hilft „Slugging“ (Vaseline) über Nacht wirklich?

„Slugging“, das Auftragen einer dünnen Schicht Vaseline (Petrolatum) als letzter Schritt der abendlichen Hautpflegeroutine, ist eine der extremsten Formen der Okklusion. Es erzeugt eine nahezu undurchlässige Barriere, die den transepidermalen Wasserverlust über Nacht um über 98 % reduzieren kann. Doch diese intensive Methode ist nicht für jeden und nicht für jeden Tag geeignet. Ihr Nutzen entfaltet sich vor allem dann, wenn die Hautbarriere stark kompromittiert ist und intensive Unterstützung bei der Regeneration benötigt.

Dies ist insbesondere bei extrem trockener, rissiger Haut der Fall, nach übermäßigem Gebrauch von aggressiven Wirkstoffen wie Säuren oder Retinol, oder bei bestimmten Hautzuständen. Auf saubere, hydratisierte Haut aufgetragen, schließt die Vaseline die Feuchtigkeit ein und schafft ein optimales Heilungsumfeld. Für zu Akne neigende oder ölige Hauttypen kann Slugging jedoch problematisch sein, da die okklusive Schicht nicht nur Feuchtigkeit, sondern auch Talg, Bakterien und abgestorbene Hautzellen einschließen und so zu verstopften Poren und Ausbrüchen führen kann.

Fallbeispiel: Slugging bei Neurodermitis-Schüben

Dermatologen der Charité Berlin berichten von positiven Erfahrungen mit der Anwendung von Slugging bei Patienten während akuter Neurodermitis-Schüben. Die Hautbarriere ist bei dieser Erkrankung chronisch gestört, was zu massivem Wasserverlust und Entzündungen führt. Die über Nacht aufgetragene okklusive Schicht aus Petrolatum verhindert diesen Wasserverlust effektiv und unterstützt die Regeneration der Barriere. Ein entscheidender Hinweis der Experten: Die Methode darf nur auf saubere Haut und niemals über aktive, potenziell reizende Wirkstoffe wie Retinol oder Säuren aufgetragen werden, da die Okklusion deren Penetration und somit ihr Reizpotenzial unkontrolliert verstärken würde.

Makroaufnahme der Hautstruktur mit schützender Okklusivschicht

Für eine sichere Anwendung, besonders bei empfindlicher Haut, ist eine korrekte Vorgehensweise entscheidend. Die Haut muss gründlich gereinigt sein, und die darunter liegenden Produkte sollten rein feuchtigkeitsspendend und beruhigend sein. Eine dünne Schicht ist dabei völlig ausreichend.

Creme oder Gel: Was braucht Mischhaut im Winter wirklich?

Mischhaut stellt eine besondere Herausforderung dar, da sie zwei gegensätzliche Bedürfnisse in einem Gesicht vereint: eine oft ölige, zu Unreinheiten neigende T-Zone (Stirn, Nase, Kinn) und trockene oder normale Wangen. Im Winter wird dieses Ungleichgewicht durch Kälte und Heizungsluft noch verstärkt. Die T-Zone produziert möglicherweise mehr Talg, um den Feuchtigkeitsverlust zu kompensieren, während die Wangen spannen und schuppig werden. Der Griff zu einem einzigen Produkt ist hier oft ein fauler Kompromiss, der entweder die T-Zone überfettet oder den Wangen nicht genug Pflege bietet.

Die Lösung liegt im „Zonen-Targeting“, also der gezielten Anwendung unterschiedlicher Texturen auf verschiedenen Gesichtspartien. Für die öligere T-Zone eignet sich eine leichte Gel-Creme oder ein Fluid. Diese Texturen spenden Feuchtigkeit, ohne die Poren zu verstopfen oder einen fettigen Film zu hinterlassen. Inhaltsstoffe wie Niacinamid können hier zusätzlich die Talgproduktion regulieren und die Poren verfeinern. Sie ziehen schnell ein und bieten eine ideale, leichte Hydratationsbasis.

Für die trockenen Wangen hingegen ist eine reichhaltigere Creme mit einem höheren Lipidanteil erforderlich. Formulierungen mit Ceramiden, Sheabutter oder Squalan stärken die Hautbarriere, schließen die Feuchtigkeit ein und schützen die empfindliche Haut vor den winterlichen Strapazen. Diese reichhaltigere Pflege wird nur dort aufgetragen, wo sie wirklich benötigt wird. Dies mag auf den ersten Blick aufwendig erscheinen, ist aber weitaus effektiver als der Versuch, ein Produkt für alles zu finden. Es ermöglicht eine präzise auf die Bedürfnisse abgestimmte Pflege, die die Haut in Balance bringt, anstatt das Ungleichgewicht weiter zu fördern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Hyaluronsäure ist ein Feuchtigkeitsmagnet, kein Spender. Ohne externe Feuchtigkeit und Versiegelung trocknet sie die Haut aus.
  • Die „Sandwich-Methode“ (Feuchtigkeit-Serum-Feuchtigkeit-Creme) ist entscheidend, um die Hydratation in der Haut zu maximieren und einzuschließen.
  • Im Winter ist eine okklusive Versiegelung mit reichhaltigen Cremes (Lipide, Ceramide) oder speziellen Wind- und Wettercremes unerlässlich.

Warum verliert die Haut ab 25 an Spannkraft und was bremst den Prozess?

Der Verlust von Spannkraft und Elastizität der Haut ist ein natürlicher biologischer Prozess, der bereits Mitte 20 einsetzt. Hauptverantwortlich dafür ist der allmähliche Abbau der strukturellen Proteine Kollagen und Elastin im Bindegewebe der Dermis. Die Produktion dieser stützenden Fasern verlangsamt sich, während Enzyme, die sie abbauen (Kollagenasen), aktiver werden. Gleichzeitig nimmt auch die körpereigene Produktion von Hyaluronsäure ab, was zu einem geringeren Feuchtigkeitsgehalt und Volumenverlust führt. Die Haut wird dünner, weniger prall und erste feine Linien, oft durch Dehydration verursacht, werden sichtbar.

Dieser intrinsische Alterungsprozess wird durch externe Faktoren, allen voran die UV-Strahlung, massiv beschleunigt (Photoaging). Aber auch Lebensstilfaktoren wie Rauchen, Zuckerkonsum (Glykation), Stress und Schlafmangel tragen zum vorzeitigen Abbau des Stützkorsetts der Haut bei. Das wachsende Bewusstsein für diese Prozesse spiegelt sich auch im Konsumverhalten wider: Laut der aktuellen Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse haben 17,19 Millionen Deutsche besonderes Interesse an Hautpflege, ein Zeichen für den Wunsch nach präventiven Lösungen.

Während Hyaluronsäure die Haut von außen aufpolstert und hydratisiert, kann sie den Kollagenabbau nicht stoppen. Um den Prozess wirklich zu verlangsamen, bedarf es einer strategischen Prävention, die an den Ursachen ansetzt. Hautpflege-Experten sprechen hier oft von der „Heiligen Dreifaltigkeit“ der Prävention, die auf drei Säulen beruht:

  1. Täglicher Sonnenschutz: Dies ist die wichtigste Anti-Aging-Maßnahme. Ein Breitbandschutz mit mindestens LSF 30 schützt vor UVB- und, entscheidend für die Hautalterung, UVA-Strahlen.
  2. Retinoide: Vitamin-A-Derivate wie Retinol sind einer der am besten erforschten Wirkstoffe, die nachweislich die Kollagenproduktion anregen können.
  3. Antioxidantien: Wirkstoffe wie Vitamin C schützen die Zellen vor Schäden durch freie Radikale (verursacht durch UV-Licht und Umweltverschmutzung) und unterstützen die Kollagensynthese.

Sonnencreme im Winter: Marketing-Trick oder Anti-Aging-Pflicht?

Die Vorstellung, an einem grauen, bewölkten Wintertag in Deutschland Sonnencreme aufzutragen, erscheint vielen überflüssig. Dies ist jedoch ein gefährlicher Trugschluss, der auf dem Missverständnis der verschiedenen Arten von UV-Strahlung beruht. Während die UVB-Strahlen, die für Sonnenbrand verantwortlich sind, im Winter deutlich schwächer sind, bleiben die UVA-Strahlen nahezu konstant stark – das ganze Jahr über. Diese langwelligen Strahlen dringen tief in die Haut ein und sind die Hauptursache für die vorzeitige Hautalterung (Photoaging), da sie die Kollagen- und Elastinfasern schädigen.

UVA-Strahlen durchdringen zudem Wolken und Fensterglas. Das bedeutet, dass die Haut auch im Büro, im Auto oder an einem trüben Tag ungeschützt ihrer schädigenden Wirkung ausgesetzt ist. Die konsequente Anwendung eines Breitbandspektrum-Sonnenschutzes ist daher keine saisonale, sondern eine tägliche Notwendigkeit und die mit Abstand effektivste Anti-Aging-Maßnahme. Sie verhindert den Abbau des hauteigenen Stützgerüsts und damit die Entstehung von Falten und Spannkraftverlust weitaus wirksamer als jede aufpolsternde Creme es je könnte.

Das wachsende Interesse an Wirkstoffen wie Hyaluronsäure, das der aktuelle German Skincare Consumer Report 2025 mit 26 % der deutschen Skincare-Nutzer, die Produkte mit Hyaluronsäure ausprobieren wollen, belegt, zeigt einen Trend zur wirkstoffbasierten Pflege. Doch ohne die Grundlage des täglichen Sonnenschutzes laufen selbst die besten Wirkstoffe ins Leere. Eine gute Sonnencreme für den Winter hat oft eine pflegendere Textur als Sommerprodukte und lässt sich gut in die tägliche Routine integrieren. Achten Sie auf das UVA-Logo (ein Kreis um die Buchstaben UVA), das in der EU einen standardisierten Schutzfaktor garantiert.

Die konsequente Anwendung von Sonnenschutz ist somit keine Option, sondern eine fundamentale Pflicht für jeden, der Hautalterung ernsthaft vorbeugen möchte.

Nachdem Sie nun die physikalischen Prinzipien der Hydratation und die entscheidenden Säulen der Hautpflege verstanden haben, besteht der nächste Schritt darin, dieses Wissen konsequent in Ihre persönliche Routine zu integrieren. Beginnen Sie damit, Ihre Produkte kritisch zu prüfen und Ihre Anwendungstechnik, besonders in der kalten Jahreszeit, anzupassen.

Fragen und Antworten zur Anwendung von Hyaluronsäure

Kann Hyaluronsäure die Haut wirklich austrocknen?

Ja, das ist möglich. Hyaluronsäure ist ein Humectant, das Wasser bindet. In einer Umgebung mit niedriger Luftfeuchtigkeit (z. B. beheizte Räume im Winter) und ohne eine externe Feuchtigkeitsquelle (wie ein Gesichtsspray), zieht sie Wasser aus den tieferen Schichten der Haut an die Oberfläche, wo es verdunsten kann. Dies führt zu einem Netto-Feuchtigkeitsverlust und einem trockenen Hautgefühl.

Was ist wichtiger: die Molekülgröße oder die Konzentration der Hyaluronsäure?

Beides ist wichtig, aber für unterschiedliche Effekte. Eine Mischung verschiedener Molekülgrößen (Multi-Molekulargewicht) ist ideal, um sowohl an der Oberfläche als auch in der Tiefe zu hydratisieren. Eine hohe Konzentration ist nicht immer besser; Konzentrationen über 2 % können sich auf der Haut klebrig anfühlen und bei falscher Anwendung den Austrocknungseffekt sogar verstärken.

Muss ich nach einem Hyaluronserum immer eine Creme verwenden?

Ja, das ist der entscheidende Schritt. Die Creme (oder ein Öl) wirkt als okklusive Schicht. Sie versiegelt die vom Hyaluronserum gebundene Feuchtigkeit in der Haut und verhindert, dass sie an die Umgebungsluft verdunstet. Ohne diesen Schritt ist die Wirkung des Serums oft nur von kurzer Dauer oder kann sogar kontraproduktiv sein.

Geschrieben von Lukas Weber, Goldschmiedemeister und Gemmologe mit über 25 Jahren Erfahrung in der Verarbeitung von Edelmetallen und Edelsteinen in Idar-Oberstein. Spezialisiert auf die Bewertung von Diamanten, Materialkunde und die Restauration von antikem Schmuck.